Die jauchzende Mutter

Manchmal finde ich, dass der Tod Jesu allzu viel Platz einnimmt im Christentum. In jeder Kirche hängt ein Kreuz. Leider vergessen Eingeweihte oft, um welch schreckliches Hinrichtungsinstrument es sich handelt. Ich frage mich, ob Aussenstehende im Symbol des Kreuzes etwas von der Auferstehungshoffnung wahrnehmen können.
Ich habe auch mit Erstaunen festgestellt, wie unglaublich viele Kompositionen mit dem Titel „Stabat Mater dolorosa“ existieren. Diese stellen das Leiden der Mutter Maria unter dem Kreuz ins Zentrum.

Nun habe ich eine wunderbare Entdeckung gemacht: Es gibt auch eine „Stabat Mater“ Komposition, welche die Freude einer Mutter über die Geburt ihres Kindes ausdrückt.
Ich singe im Rapperswiler Konzertchor, wir werden am 6. und 7. Dezember unter anderem das Werk „Stabat Mater speciosa“ aufführen von Gonzague Monnay, ein wunderschönes Werk von 2015.
Da geht es um Maria, als hübsche, fröhliche Frau, die vor Glück lacht und jauchzt über ihr neugeborenes Kind.

Franz Liszt hat in seinem „Christus“ beides integriert, Stabat mater speciosa und Stabat mater dolorosa , die frohe und die schmerzerfüllte Mutter. Freude und Leid gehören beide zum menschlichen Leben.
Wir wollen in der Advents- und Weihnachtszeit das Leiden und den Tod nicht verdrängen.
Aber ich hoffe, dass wir uns bewusst der Freude zuwenden können, der Freude über die Geburt Jesu, der Freude über jedes neue Kind, das das Licht der Welt erblickt.
Jedes Neugeborene weckt Liebe, lässt Frieden und Hoffnung auf eine menschlichere Welt wachsen.

Erfüllt von dieser Freude können wir dann von Herzen mit anderen teilen und frohe Weihnachtslieder singen.

 

Elsbeth Zürcher

Ian Borg / unsplash

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