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Impuls März
Biblische Gerechtigkeit kontra «Gerechte-Welt-Glaube»
Der Glaube, dass jede und jeder die gleichen Chancen auf Erfolg hat und das bekommt, was er oder sie verdient, spielt in den USA eine besonders grosse Rolle und ist eng mit dem amerikanischen Traum und dem sprichwörtlichen Ausdruck «Vom Tellerwäscher zum Millionär» verbunden. Wohin das führt, können wir aktuell tagtäglich mitverfolgen:
- Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten werden als selbstverschuldet betrachtet, anstatt als Folge struktureller Probleme.
- Erfolg wird als Ergebnis harter Arbeit gesehen, ohne äussere Faktoren wie beispielsweise das Glück der Geburt in bestehende Privilegien und am richtigen Ort zu berücksichtigen.
- Die Menschen neigen dazu, Opfern von Unglück oder Verbrechen eine Mitschuld zu geben im Sinne von «Sie haben sich falsch verhalten, deshalb ist ihnen das passiert».
Dieser Gerechte-Welt-Glauben führt einerseits zu Empathieverlust und trägt weiter zur gesellschaftlichen Ungerechtigkeit bei. Andererseits vermittelt er den Menschen ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle. So wird bei offensichtlicher Rassenungleichheit argumentiert, dass Verurteilungen und Polizeigewalt gerecht seien, weil die Betroffenen „etwas falsch gemacht haben müssen“, und Wohlhabende werden als moralisch „bessere“ Menschen angesehen, weil sie es angeblich „verdient“ haben.
All dies verhält sich diametral entgegen dem, was die Bibel fordert: sich für Recht und Gerechtigkeit einzusetzen – mehr noch – es gehört nach der Bibel zum selbstverständlichen menschlichen Handeln und umfasst Forderungen, die sowohl damals als auch heute noch relevant sind: Armut bekämpfen, Notleidenden helfen, gegen Willkürherrschaft eintreten und die Menschenwürde wahren. Die Propheten mahnten immer wieder, Unrecht zu bekämpfen und Schwache zu schützen: «Sorgt für Recht und Gerechtigkeit! Helft den Menschen, die beraubt und unterdrückt werden! Den Ausländern, Waisen und Witwen tut keine Gewalt an und nutzt sie nicht aus! Hört auf, hier das Blut unschuldiger Menschen zu vergiessen.» Jeremia 22,3.
Dorothea Loosli
