Ein Eindruck aus der Versammlung der Mennonitischen Weltkonferenz

Didik Hartono ist Pastor in der Winong-Gemeinde in Pati, Indonesien. An der Versammlung der Mennonitischen Weltkonferenz im Juli 2022 in Indonesien erzählte er davon, wie seine Gemeinde das Thema der Versammlung – Jesus gemeinsam nachfolgen über Trennendes hinweg – konkret lebt. Seine Kirche steht direkt gegenüber einer Moschee. Das könnte zu Konflikten führen, aber seit 7 Jahren überspannt ein Dach den Raum zwischen Moschee und Kirche. So wird die Strasse dazwischen zum Begegnungsraum. «Es scheint, als seien die beiden Häuser des Gebetes ein Haus, denn dieses Dach verbindet das eine mit dem andern, die Kirche mit der Moschee.» erzählte Hartono. Sie feiern Feste zusammen, essen gemeinsam. Das gemeinsame Dach ist aber mehr als ein Raum für gute Nachbarschaft. Hartono sprach explizit von gemeinsamer Geschwisterschaft über die Grenzen der eigenen Glaubensgemeinschaft hinaus. «Geschwisterschaft liegt den Beziehungen zu allen Menschen zugrunde, sie beschränkt sich nicht auf die Menschen, die dem christlichen Glauben angehören.»

Didik Hortano war nicht der einzige indonesische Redner, der von dieser Geschwisterlichkeit sprach. Das Bild geht mir nach. In andern Geschwister zu sehen, das verändert etwas, wie ich Menschen anderer Überzeugungen begegne. Es bringt etwas Entspanntes hinein, aber auch mehr Verbindlichkeit. Es lässt dem Andern nicht nur seinen Raum, sondern wagt auch Begegnungen, aus denen Neues aufbrechen kann. Geschwister können streiten, müssen manchmal streiten, aber sie können die Verbindung zwischen ihnen nicht aufheben. Manchmal nimmt die Distanz zueinander zu, aber sie können sich nicht egal sein.

Kirche und Moschee bleiben zwei unterschiedliche Gebetshäuser, und diese Unterschiede werden durch das gemeinsame Dach nicht verwischt. Aber diese Unterschiede gehören zum gemeinsam gestalteten Begegnungsraum, der durch das Dach entsteht. Das Dach bringt zum Ausdruck, wie man einander in den Unterschieden begegnen will. Vor allem aber schafft es einen gemeinsamen Raum, wo weder die einen noch die andern ganz zuhause sind, wo die einen nicht die Gäste der andern sind, ein Raum für Begegnungen, der nicht permanent bespielt werden muss, aber immer wieder neue Gelegenheiten bietet. Solche überdachten Räume möchte ich auch bei uns entdecken.

Jürg Bräker

 

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