All das Eure soll in Liebe geschehen
Paulus wirft am Schluss seines Briefes an die Korinther noch einmal alles in Waagschale! Da hat er ermahnt, gestritten, Leitlinien entworfen, wie sie in Korinth Wege finden könnten mit all den Streitigkeiten in der Gemeinde. Immerhin wurde gestritten: Die Leute in der Gemeinde waren einander nicht egal, und sie sagten auch nicht «Spielt doch eh alles keine Rolle!» Die Streitigkeiten zeugen davon, dass man nicht gewillt war, einfach auseinander zu gehen und ernst nahm, dass in Jesus zu einem Leib zusammengefügt waren. Aber gerade da, wo es wirklich um etwas geht, wird das Engagement manchmal so heftig, dass die Liebe zwischen die Fugen gerät. Da wird es schwierig, noch einmal genau hinzusehen, was die andere Seite bewegt. Da kommt es zu Frontstellungen, wo nur noch gefragt wird: «Auf welcher Seite stehst du?» und jedem Versuch, die Gegenseite zu verstehen, schon der Verdacht von Verrat angehaftet wird. Liebe hat es schwer in diesen Konstellationen. Nicht umsonst fügt Paulus in seinen Brief den grossen Hymnus der Liebe ein.
Aber genau da gehört sie ja auch hin, die Liebe: Zwischen die Fugen – damit das, was uns wichtig ist, nicht zwischen Frontlinien aufgerieben wird, sondern sich zusammenfügt.
Die Bilder von Koshu Kunii fangen Momente auf, in denen die Konfrontation zu einer Begegnung werden oder aber in Gewalt eskalieren könnte. Wo entscheidend wird, mit welchem Blick die Kontrahenten aufeinander schauen. Natürlich, die Liebe macht auch dort einen wesentlichen Unterschied, wo wir füreinander sorgen, wenn die andere Per-son spürt, dass es mir um sie geht. Aber sie erhält besonderes Gewicht, wo unterschiedliche Sicht-weisen und Anliegen sich begegnen. Denn diese Unterschiede sind die potentiellen Bausteine einer Gemeinschaft, die sich nicht abgrenzen muss, weil sie daran glaubt, dass die Farben der Mosaiksteine der Anderen ihren Platz finden können und sollen in Gottes grossem Panorama.
«Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe» – so wie es die Jahreslosung formuliert, kann das leicht zur Überforderung werden. In der Formulierung von Paulus höre ich aber auch eine Fokussierung: Das, was euch betrifft, was das Eure ist. Das, worum es bei euch geht, worin in miteinander zu tun habt. Das wirklich Wichtige lässt sich immer in Liebe verbinden, davon ist Paulus überzeugt. Das kann auch mal heissen, etwas nicht zu tun, ein Wort ungesagt zu lassen, einen Schritt zurück zu machen, damit ich sehen kann, wie die Situation für uns beide aussieht. Das muss nicht heissen, die Konfrontation zu vermeiden, aber darin nach der Kraft des Gemeinsamen zu suchen.
Jürg Bräker (inspiriert von einer Idee von Edition katzenstein)